Versicherter, der bei der Auswahl der Reiserücktrittsversicherung verzweifelt

Reiserücktritt wegen Magen-Darm-Erkrankung: Wann zahlt die Versicherung wirklich?

Viele schließen eine Reiserücktrittsversicherung in der Hoffnung ab, im Krankheitsfall umfassend geschützt zu sein. Besonders wenn kurz vor Reisebeginn eine Magen-Darm-Erkrankung auftritt – mit Symptomen wie starkem Durchfall, Erbrechen, Fieber oder großer Schwäche – scheint der Versicherungsschutz genau für diesen Moment gedacht. Doch die Realität sieht oft anders aus.

Ja, eine schwere Magen-Darm-Erkrankung kann ein Rücktrittsgrund sein.
Wenn die Symptome die Reisefähigkeit erheblich beeinträchtigen, akzeptieren viele Versicherer dies grundsätzlich als Rücktrittsgrund. Voraussetzung ist jedoch immer: Die Erkrankung muss durch ein aktuelles ärztliches Attest belegt werden. Dieses Attest sollte am besten noch am selben Tag ausgestellt werden, an dem der Rücktritt erklärt wird. Es muss klar dokumentieren, dass die Reise aufgrund der Schwere der Erkrankung unzumutbar ist.

Die Praxis: Anspruch und Wirklichkeit klaffen oft auseinander.
Während viele Reisende glauben, mit Abschluss der Versicherung „auf der sicheren Seite“ zu sein, zeigen praktische Erfahrungen, dass Versicherer Rücktrittsfälle oft sehr streng prüfen. Die Erwartung, im Krankheitsfall automatisch Anspruch auf Erstattung zu haben, erfüllt sich nicht immer. Besonders bei Erkrankungen wie Magen-Darm-Infekten verlangen die Versicherer eine sehr genaue Dokumentation – und lehnen Zahlungen nicht selten mit dem Hinweis auf angeblich fehlende Nachweise ab.

Schneller Abschluss – aber sorgfältiges Lesen ist Pflicht.
Manche Versicherungsangebote vermitteln durch einfache Online-Abschlüsse und günstige Beiträge ein Gefühl umfassender Sicherheit. Tatsächlich jedoch wird im Leistungsfall oft genau auf die Einhaltung aller Formalitäten und Einschränkungen geachtet. So entsteht nicht selten der Eindruck, dass Versicherungen mit der verbreiteten Annahme vieler Kunden, „im Krankheitsfall abgesichert zu sein“, kalkulieren, obwohl die Hürden für eine Erstattung hoch sind.

Der Reisende trägt die volle Beweislast.
Im Streitfall muss der Reisende beweisen, dass eine schwere Erkrankung vorlag, die das Reisen unmöglich machte. Eine einfache Krankmeldung reicht dabei nicht aus – nur ein aussagekräftiges ärztliches Attest schafft die notwendige Klarheit. Auch eine zeitnahe Ausstellung (idealerweise am gleichen Tag) ist entscheidend, da spätere Atteste schnell angezweifelt werden können.

Mein Tipp: Versicherungsbedingungen genau prüfen!
Bevor Sie eine Reiserücktrittsversicherung abschließen, sollten Sie sich eingehend mit den Bedingungen beschäftigen. Nicht alle Policen bieten denselben Schutz, und manche enthalten Ausschlüsse oder strengere Anforderungen als erwartet. Achten Sie darauf, welche Krankheiten und Ereignisse tatsächlich als Rücktrittsgrund anerkannt werden und welche Nachweise verlangt werden.

Fazit:
Eine schwere Magen-Darm-Erkrankung kann zwar einen Reiserücktritt rechtfertigen – die Durchsetzung eines Erstattungsanspruchs ist aber keineswegs selbstverständlich. Ohne sorgfältige Dokumentation und Beachtung der Versicherungsbedingungen bleibt der Reisende leicht auf seinen Kosten sitzen. Ein bewusster Versicherungsabschluss – mit Blick auf die tatsächlichen Leistungen – schützt besser als ein vorschneller Griff zum erstbesten Angebot.

Und wenn die Versicherung ablehnt?
Auch wenn die Versicherung eine Zahlung verweigert, bestehen dennoch Chancen, den Anspruch durchzusetzen. Neben dem ärztlichen Attest können auch Zeugenbeweise – etwa von Personen, die den Gesundheitszustand des Erkrankten miterlebt haben – eine wichtige Rolle spielen. Eine Ablehnung der Erstattung durch die Versicherung muss also nicht das letzte Wort sein.

Es gibt zunehmend auch Gerichtsentscheidungen, die deutlich machen, dass die Versicherten mit einer Magen-Darm-Erkrankung zu Recht ihre Ansprüche auf Erstattung geltend machen. So haben beispielsweise das LG Kassel (5 S 123/23, Urt. v. 04.06.2024) und das OLG Celle (8 U 165/18, Urt. v. 03.12.2018) solche Ansprüche ausdrücklich anerkannt.


Ich unterstütze Sie gerne dabei, Ihre Ansprüche gegenüber der Versicherung konsequent durchzusetzen.

Dr. Stefan Zimmermann

Ich bin Anwalt für Reiserecht und helfe Ihnen im Wege der Online-Rechtsberatung schnell und effizient, Ihre Ansprüche gegen Ihren Reiseveranstalter wegen unberechtigter Stornokosten, Reisemängeln, Verspätungen und Schadensersatz für entgangene Urlaubsfreuden geltend zu machen.

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